Soeben habe ich einen Artikel im deutschen manager-magazin.de gelesen: Geht doch heim ins Reich
Wer mit dem Gedanken spielt, in die Schweiz auszuwandern, sollte nicht davon ausgehen, willkommen zu sein. Deutsche sind dort viel weniger beliebt, als sie selbst glauben. Denn die Einwanderer rivalisieren mit den Schweizern um die besten Jobs. Unterdessen haben die Eidgenossen Angst vor der „Neuen deutschen Welle“.
Ich schätze die Artikel im manager-magazin.de sehr. Normalerweise. Aber dieser hier ist m.E. nun wirklich „unter aller Sau“, weil er sehr vereinfacht bzw. nur einzelne (tendenziös ausgewählte) Stimmen aufgreift:
- 2 Studenten der Uni St. Gallen hätten Mühe gehabt, Kontakt zu Schweizer Mitstudenten zu knüpfen
- 1 Austausch-Journalistin hätte eine Schimpftirade eines Tierarztes erlebt und dabei persönlichen Ausländerhass erlebt
- „die Schweizer Tageszeitungen“ (alle?) hätten im Sommer die Einwanderungsstatistik mit „Einmarsch der Deutschen“ oder „Deutsche lieben unsere Jobs“ kommentiert
Mir geht es nicht darum, ob die beiden Studenten in St. Gallen selbst zur Ablehnung beigetragen haben (alles hat ja bekanntlich immer zwei Seiten), die Journalistin an einen Ausländerhasser geraten ist (ja, die gibt es auch in der Schweiz) oder die Schlagzeilen in den Zeitungen (vermutlich in der mit den grossen Buchstaben) geschickt gewählt sind.
Ich finde die sehr einseitige und reisserische Berichterstattung schlicht und einfach daneben. Das mag für die Zeitungen mit den grossen Buchstaben OK sein, aber vom manager-magazin.de hätte ich es nicht erwartet. Es geht mir aber nicht darum, die Schweiz zu verteidigen (auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt) oder die Deutschen zu verteufeln (auch dort gibt es solche und solche). Was mich stört ist die Botschaft zwischen den Zeilen: „Schweizer mögen Deutsche nicht“. Das stimmt so nicht, nicht in dieser Pauschalisierung, nicht in der Grundsätzlichkeit. Und solche Verallgemeinerungen bringen uns nun wirklich nicht weiter …
Wenigstens hat Anna Imfeld sauber recherchiert mal schnell gegoogelt und die Blogwiese entdeckt. Und lässt Jens-Rainer in ihrem tendenziösen Artikel kurz zu Wort kommen. Jens-Rainer ist ein bekannter und geschätzter Blogger, der witzig-nüchtern, aber nie tendenziös, über den Alltag eines Deutschen in der Schweiz berichtet. Zum Bespiel über das „Schweizerische Verzögerungsmoment“: Nach jedem Satz erst eine Sekunde warten – Ãœber die Wahrnehmung von Ironie bei den Schweizern.
Eine weitere Website, die ich Ihnen gerne empfehle (weil sie ausgewogen an das Thema herangeht): Das Hallo-Schweiz-Forum von Tina Haag. Hier tauschen sich (vorwiegend) Deutsche und Österreicher über das Leben in der Schweiz aus. Und unterstützen sich gegenseitig mit Tipps, wie man mit uns ausschliesslich Fondue essenden und Fahnen schwingenden Eidgenossen arrangieren kann.