Kündigungsabsicht – mit offenen Karten spielen?

In der Regel rate ich davon ab, seine/n Vorgesetzte/n darüber zu informieren, wenn man beabsichtigt, das Unternehmen zu verlassen und zu neuen Ufern aufzubrechen. Natürlich gehört es zu einem partnerschaftlichen Miteinander in der Arbeit auch, dass man irgendwann wieder getrennte Wege geht – that’s life! Aber die Möglichkeit, dass der Chef/die Chefin das anders sieht und einem daraus (offen oder verdeckt) Probleme entstehen, ist durchaus realistisch.

Das ist meine Erfahrung aus vielen, vielen Gesprächen, die ich als Coach und Personalberater mit Menschen in Wechselphasen gemacht habe. Aber das ist nur meine Erfahrung.

Welche Erfahrung haben Sie gemacht? Haben Sie selbst positive oder negative Reaktionen erlebt? Aus welchen Ãœberlegungen haben Sie einen Wechselwunsch verheimlicht oder offen gelegt? Wie war Ihre Reaktion (wenn Sie selbst Mitarbeiter führen), als Ihnen jemand die Kündigungsabsicht offen mitgeteilt hat? Möchten Sie vielleicht in einem Kommentar berichten?

17 Kommentare zu „Kündigungsabsicht – mit offenen Karten spielen?

  1. Wann würden Sie denn vorinformieren? Sie schreiben ja „in der Regel…“ in welchen Fällen würden Sie raten, den Vorgesetzten zu informieren, welche sind also die Fälle, die nicht „der Regel“ entsprechen?

  2. Nicht „der Regel“ entsprechen z.B. Situationen, in denen das der Unternehmenskultur und dem Verständnis des/der Vorgesetzten entsprechen, dass ein Wechsel in ein anderes Unternehmen normal und vernünftig ist, um sich weiter entwickeln zu können. Was leider sehr, sehr selten ist und eher in kleineren Unternehmen der Fall sein wird, da dort die Möglichkeiten, sich innerhalb des Unternehmens zu verändern, beschränkt oder gar nicht vorhanden sind.

    „In der Regel“ könnte auch als „Im Zweifel nie“ gelesen werden.

  3. Ein schöner Beitrag über den man endlos diskutieren könnte. Ich erzähle Ihnen und Ihren Lesern hier meine Geschichte. Nicht um damit eine Empfehlung abzugeben, wie man sich richtig verhält, denn das hängt m.E. auch von der Unternehmenskultur ab.

    Ich hatte viele Jahre bei einem grossen Konzern gearbeitet und war immer in Führungspositionen. Zuletzt war ich einer von 6 Abteilungsleitern innerhalb eines Bereiches, der für weltweites Marketing verantwortlich war. Ãœber uns ein Chef mit dem ich mich immer sehr gut verstanden habe. Deshalb habe ich ihn letztendlich auch schon 5 Monate vor meinem geplanten Abgang über meine Pläne informiert. Er hat sich sehr für mich und meine Möglichkeit zur Weiterentwicklung gefreut (nicht weil er mich losgeworden ist, das weiss ich heute besser als damals, denn inzwischen sind wir Freunde geworden und lachen oft zusammen über unsere damalige Zusammenarbeit und Erfahrungen :-).

    Dennoch traten ein paar kleine, sagen wir mal Schwierigkeiten dazu, auf. Trotz x Jahren Loyalität und Einsatz, manchmal beinahe bis zum Magengeschwür, waren da einige langjährige Weggefährten, die meinen Abschied fast schon persönlich nahmen und sich extrem von mir distanzierten. Von Schlüsselstellen kam plötzlich gar nichts mehr an Info zurück (heute wo ich in einem anderen Unternehmen tätig bin kommt wieder mehr :-). Offiziell hiess es damals Know-How-Schutz. Ein Argument das immer zieht.

    Gleichzeitig hatte ich aber auch viele neue ‚Freunde‘, natürlich um ein gutes Wort bei meiner Nachbesetzung einzulegen. Bei den Meetings der Abteilungsleiter war ich nicht mehr erwünscht. Auch nicht, wenn nur Tagesgeschäft oder Personelles auf der Agenda standen. Im Falle von Diskussionen zu Langfriststrategien hätte ich das nachvollziehen können, so nicht. Für mein Team hatte das zur Folge, nicht mehr ausreichend vom eigenen Vorgesetzten informiert werden zu können. Diese Funktion übernahmen jetzt informelle Wege und Gerüchteküchen.

    Arbeitstechnisch geschah innerhalb meines Teams (Kerngruppe vor Ort, Rest weltweit verstreut) etwas Faszinierendes: Der Zusammenhalt wurde noch intensiver, wahrscheinlich auch um die unfreiwillig entstandenen Nachteile wieder wett zu machen. Während der „Ãœbergangszeit“ erhielt ich 3 interessante Angebote aus anderen Bereichen des Konzerns. Ab jetzt wurde dies nicht mehr als Verstoss gegen das nirgendwo niedergeschriebene interne Abwerbeverbot angesehen.

    Alles in allem war das Vorgehen sowohl für mich als auch für das Unternehmen ein Gewinn. In den 5 Monaten konnten wir grosse und wichtige Projekte abschliessen, sowie eine geordnete und geregelte Ãœbergabe an meinen Nachfolger sicherstellen. An der drei Monate dauernden Diskussion über einen solchen, habe ich mich bewusst nie beteiligt. Unbestritten bleibt, dass ich in 5 Monaten mehr über Menschen gelernt habe, als in meiner gesamten Karriere zuvor. Auch aus diesem Grund, werde ich, stehe ich wieder einmal vor einer ähnlichen Entscheidung, noch einmal genau gleich handeln!

  4. Da ich bislang nur insolvenzbedingt zu einem neuen Job gekommen bin, habe ich selbst keine Erfahrung mit dem Kündigen. Allerdings blicke ich auf eine Reihe von Kollegen zurück, die mein jetzigen Arbeitgeber verlassen haben.

    Einige waren tatsächlich so offen und ehrlich und haben ihre Kündigungsabsicht schon vor dem Einreichen der Kündigung mitgeteilt. Das Ergebnis war in jedem einzelnen Fall verheerend: Das vermeintlich gute Verhältnis erwies sich nachdem man über die Kündigungsabsicht gesprochen hatte als alles andere als gut.

    Persönlich hatte ich jedoch den Eindruck, dass das Ego des Inhabers die Ursache war. Aus reiner Schikane wurden die Mitarbeiter wie Aussätzige behandelt und, wenn man das monierte, vor den Kadi gezerrt.

    Besonders traurig finde ich jedoch, dass der Firmeninhaber selbst gar nicht merkt, dass das Gros der z.T. wirklich guten Mitarbeiter nur seinetwegen das Unternehmen verlassen hat.

    Sofern sich bei mir nun endlich etwas neues ergeben sollte, werde ich mir überlegen, mit der Kündigung gleich eine Krankmeldung abzugeben. Trotz dem bislang Erlebten – kann man in meinem Blog nachlesen – habe ich es immer als Selbstverständlichkeit erachtet, den Job ordentlich zu erledigen. Und dazu gehört nun mal auch eine Ãœbergabe. Auf der anderen Seite muss ich mich jedoch nicht einer übermäßig unflätigen Behandlungsweise unterwerfen.

  5. Ich halte es eigentlich für mehr als fair, wenn der Arbeitnehmer sich So hat man als Arbeitgeber zumindest die Chance einen Nachfolger einzuarbeiten.
    Dieses hat dann auch ggf eine Honorierung durch Gewährung von Privilegien über das Arbeitsverhätnis hinaus. Wer bis zum letzten Moment taktiert sollte sich nicht wundern, dass der Arbeitgeber dieses auch sehr reserviert betrachtet

  6. @reinhard: grundsätzlich sehe ich das ja auch so, doch ich glaube, den meisten Arbeitgebern ist das egal, denn sie sitzen in der Regel so oder so am längeren Hebel. Zudem wird es oft als „Verrat“ aufgefasst, wenn man kündigt. Das hat wohl einerseits damit zu tun, dass man a) dazu tendiert, alles Schwarz/Weiss zu sehen (im Sinne von: „der gehört zu uns“ oder eben nicht) b) weil Abschiednehmen halt auch bei Arbeitskollegen nicht immer einfach ist.

    Es wäre aber allen gedient, wenn man Arbeitnehmern auch in solchen Momenten unterstützen würde, und nicht einfach die Haltung hätte „der geht sowieso“. Das könnte auch zurück kommen, (siehe Positiv-Beispiel oben), nicht nur, weil der Kündigende bis zuletzt gern arbeitet, sondern auch, weil so eine Chance verpasst wird, das Networking ausserhalb der Firma weiter zu spinnen! Ich glaube, in unserer Schweizer (und evt. auch in der Deutschen?) Kultur ist man sich oft viel zu wenig bewusst, welche Bedeutung das Networking haben kann!

  7. hallo.

    ich habe meinen wechsel von meinem Job zurück in die Schule zuerst auch nicht offen gelegt, aber als ich die Bestätigung hatte schon. Mir war es aus fairness lieber auch für zukünftige Stellen, der Chefin die Karten auf den Tisch zu legen.
    Von der Arbeit in eine Schule ist vielleicht nicht so schlimm wie wenn mann einen Arbeitgeber wechselt, doch hatte auch ich zuerst die Befürchtung schikaniert zu werden oder allenfalls plötzlich anders behandelt zu werden.
    Die erste Reaktion ansich war dann aber positiv und bis anhin ist das Verhätlniss gleich und hat sich nicht verändert, rein objektiv. Klar in den Details werde ich nicht mehr so fest einbezogen wie vorhin aber gefordert wird immer noch gleich, jedoch stört mich dass auch nicht extrem.

    Ich finde es braucht den Mut dem/der Chef/in schon vor der Kündigung die Absichten mitzuteilen, jedoch muss man auch die Konsequenzen ertragen können und abschetzen, wie negative die Auswirkungen sein könnten.

  8. @ pk
    Diese Situation ist – wie Sie selbst sagen – natürlich eine andere, als wenn man eine neue Stelle sucht, aber noch keine gefunden hat.

    Die Erfahrung, die Sie mit Ihrer Offenheit gemacht haben, ist zum Glück nicht selten. Nur in den wenigsten Fällen reagieren die Vorgesetzten „wie eine beleidigte Leberwurst“ – schliesslich gehört ein Jobwechsel auch zum beruflichen Leben.

    Dass Sie durch Ihre Offenheit einen freundschaftlichen Austritt ermöglicht haben, wird sich vielleicht nach Ihrer Weiterbildung auszahlen – man sieht sich bekanntlich immer zwei Mal im Leben …

  9. Ich bin sehr froh, diesen Blog gefunden zu haben, da ich nicht sicher bin, wie ich vorgehen soll. In der Firma, in der ich arbeite, kündigen momentan überdurchschnittlich viele Kollegen. Ich habe die selbe Absicht, auch wenn aus andern Gründen als die Kollegen.

    Geschäftsführung und Personalwesen sind entsetzt über Fälle, in denen geschätzte Mitarbeiter kündigen, ohne dass die Firma die Chance gehabt hätte, ihnen ein besseres Angebot zu machen.

    Andererseits befürchte ich, dass es mein Vorgesetzter in dieser Situation nicht akzeptiert, dass ich auch noch gehen will, denn ich als Personaler gehöre ich ja zum „Krisenstab“.

    Wer hat einen Kommentar hierzu?

    Was halten Sie davon, in einer solchen Phase

  10. [Lieber spät als nie …]

    Aus meiner Sicht ein klassisches Dilemma für Personaler. Zum einen gehört es zur Aufgabe (und in der Regel auch zur Berufung!), in solchen Situationen Einfluss zu nehmen (und damit echte Spuren zu hinterlassen). Zum anderen hat auch er Altruismus (zu Recht!) seine Grenzen – man muss ja auch für sich selber sorgen!

    Es ist natürlich unmöglich (und unnötig) hier den Rat schlechthin zu geben. Meine Gedanken, meine Fragen an mich selbst wären einer solchen Situation …

    1) Gibt es überhaupt eine Chance, dass sich die Situation verändern lässtt? Und zwar in der Ursache und nicht in den Symptomen? Nur kurzfristig oder nachhaltig?
    2) Gibt es überhaupt eine Chance, dass ich meinen Teil zur Veränderung beitragen kann? Unter Berücksichtigung meiner Fähigkeiten, meiner Wertvorstellungen, meiner Energie.
    3) Wenn ich beide Fragen (ehrlich und eindeutig) mit Ja! beantworten kann, dann würde ich bleiben. Und mich später riesig über den Erfolg meiner „Mission“ freuen. Wenn nicht, dann würde ich gehen (auch Loyalität hat ihre Grenzen) und mich in einem Umfeld einbringen, in dem ich wirklich etwas bewegen kann.

    Was halten Sie, EE, von diesen Gedanken?

  11. Guten Morgen, und Danke für die Nachricht. Die Frage gehen oder bleiben ist schon beantwortet: gehen! Die Frage WIE ist noch offen: mit Vorankündigung oder die Firma erst im letzten Moment (bei der Kündigung) einweihen.

    Grüße von EE

  12. Hallo, ich habe derzeit ein Problem bei dem mir andere Meinung helfen wuerden. Meine Firma ist kuerzlich uebernommen worden, was fuer mich zu einer demotivierenden Herabstufung fuehrte, d.h. jemand aus der neuen Firma fuellt meine bisherige Position aus und ich berichte an ihn.
    Inziwschen habe ich einen neuen Job gefunden und auch bereits den Arbeitsvertrag unterschrieben. Allerdings kann ich den neuen Job erst in 8 Monaten antreten. Meine Kuendigungsfrist in meinem derzeitigen Job ist 3 Monate. Wann sollte ich meinen jetzigen Arbeitgeber informieren? Ich denke hierbei an zwei Dinge: Mein frueherer Chef versucht derzeit intensiv, mir eine neue Position innerhalb der jetzigen Firma zu besorgen. Natuerlich ist es unfair, wenn ich ihn nicht informiere. Andererseits hoffe ich auch, dass meine jetzige Firma mich freistellt, sobal ich kuendige. Allerdings ist dies eher wahrscheinlich, wenn ich spaet kuendige, denn 8 Monate wird mich wohl niemend freistellen.

  13. Ich denke, Sie haben sich alle Antworten bereits gegeben … Insbesondere zum Schluss:
    Wenn Sie jetzt per (geschätzt) Ende Juni 2008 kündigen, dann wird Sie Ihre Firma kaum jetzt freistellen und während 8 Monaten das Salär bezahlen. Was viel wahrscheinlicher ist, dass Ihnen die Firma in diesem Fall ebenfalls kündigen wird – nur mit der Frist von 3 Monaten. Das würde dann bedeuten, dass Sie 5 Monate ohne Stelle wären …

    Ich würde mir an Ihrer Stelle alle Optionen offen halten. Und das hat mit Fairness oder Loyalität nichts zu tun.

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