Es ist Krebs! – Die Bestrahlungs-/Chemo-Therapie beginnt

Knapp sechs Wochen sind nun seit der Operation vergangen. Die Freude darüber, dass die post-operativen Schmerzen mittlerweile fast ganz verschwunden sind, mischt sich in diesen Tagen mit dem Gefühl der Ungewissheit: Wie wird die Bestrahlungs-/Chemo-Therapie sein? Wie wird P. sie verkraften? Wie wird unser Alltag in den kommenden sechs Wochen aussehen?

Montag, 7. April 2014

Heute geht’s los. Die kommenden sechs Wochen ist unser Leben verplant: Montag bis Freitag tägliches Bestrahlen, am ersten Montag und an den Dienstagen der nachfolgenden Wochen Chemo-Therapie, am Chemo-Tag und ein bis zwei Tage danach stationärer Aufenthalt im Triemli (abhängig von P.s Befinden), wöchentlich eine zusätzliche ärztliche Untersuchung. Ohne die Terminliste vom Triemli wären wir aufgeschmissen.

Ambivalente Gefühle bei uns: Zum einen freuen wir uns auf die Therapie, jetzt geht’s dem Krebs an den Kragen. Zum anderen sind wir sehr angespannt, denn es liegen sechs harten Wochen vor uns., das wissen wir. Was wir aber nicht wissen, wie diese aussehen, wie wir diese erleben, wie wir diese verkraften werden.

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Es ist Krebs! – Zweiter Befund und der Weg zur Therapie

Vier Monate sind seit der ersten Diagnose vergangen. Die erste Operation hat leider einen schlechten Befund gebracht. In der zweiten Operation vor ein paar Tagen sind nun Gebärmutter, Eierstöcke und die Hälfte der Lymphknoten entfernt worden. Ob der Befund endlich das Ende dieser furchtbaren und belastenden Zeit bedeutet?

Samstag, 1. März 2014

Die Skilagerwoche in St. Moritz ist für N. schon wieder vorbei. Kurz nach Mittag kann ich sie auf dem Parkplatz der Kantonsschule abholen. Müde ist sie, aber glücklich – es war genauso cool, wie sie es erwartet hat. Trotzdem möchte sie so schnell wie möglich zu P. ins Spital. Der Besuch im Spital ist nicht einfach für N., zwiespältige Gefühle: Mami wieder zu sehen ist schön, Mami mit diesen Schmerzen und moralisch angeschlagen zu sehen, ist es nicht. Aber N. ist tapfer.

Montag, 3. März 2014

Am Montag ruft Dr. S. (der Gynäkologe, der P. operiert hat) P. an: er erhalte morgen die Histologie und käme dann gegen 18:00 Uhr zu P. ins Spital. Dann können wir uns alle im Spitalzimmer treffen und den Befund sowie das weitere Vorgehen besprechen. Wir gehen davon aus, dass durch die OP alles erledigt sei. Und dennoch spüren wir – neben Zuversicht – auch Angst. Angst, dass es doch noch nicht überstanden sein könnte.

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Es ist Krebs! – Es ist noch nicht vorbei: die zweite Operation

Eine Darmspiegelung (mit positiven Bescheid), das Schneesportlager unserer Tochter in St. Moritz über, eine happige Operation und ein längerer Spitalaufenthalt – so kurz der Februar auch ist, er bietet uns eine grosse Programmvielfalt. Und am Ende das lange Warten auf den Befund.

Freitag, 14. Februar 2014 – Darmspiegelung

Als wäre es nicht schon genug mit dem Karzinom, stand heute auch die Darmspiegelung bei P. an. Diese sollten sie und ihre beiden Schwestern prophylaktisch alle 5 Jahre machen, da sie potenziell gefährdet sind (ihr Vater ist kurz vor der Geburt unserer Tochter an Darmkrebs gestorben).

Das Unangenehme dabei: vor der Spiegelung muss der Darm durch Trinken einer fürchterlich bitteren Flüssigkeit entleert werden; eine unangenehme Prozedur über zwei Tage. Die Untersuchung erfolgt unter Vollnarkose und ist deshalb nicht mal halb so schlimm.

Das Gute: der Arzt kann unmittelbar nach der Untersuchung sagen, was der Befund ist. Und das noch viel bessere: «Keine Auffälligkeiten, alles ist in Ordnung!»

Wir sind happy, dass wir wenigstens diese zusätzliche Belastung als geschafft abhaken können.

Emotionales Highspeed-Karussell

Eine ganz komische Erfahrung, die wir in dieser Zeit machen: manchmal leben wir einen ganz normalen Alltag (zum Glück!). Dann tauchen innert Sekunden sehr starke Emotionen auf – ein Cocktail aus Angst, Verzweiflung und Ãœberforderung. Aus dem Hinterhalt quasi, schrecklich. Aber wir gewöhnen uns in einer gewissen Weise daran.

Die Emotionen sind sehr intensiv, die Gedanken drehen wie auf einem Highspeed-Karussell: Was, wenn die Diagnose nach der OP wieder schlecht ist? Was, wenn dieser Krebs nicht mehr zu besiegen ist? Was, wenn die OP nicht gut verläuft? Was, wenn Chemo oder Bestrahlung auch nichts bringen? Was …?

Fragen über Fragen, auf die es keine Antworten geben kann. Nicht jetzt. Später. Schritt für Schritt. Vielleicht. Hoffentlich.

Ja, positiv denken! Das sagen uns viele und hoffen mit uns. Aber das fällt mir in dieser Situation nicht immer leicht. Manchmal ist die Angst einfach stärker. Die Angst, dass wir P. nicht mehr hätten. Dass N. ihre Mutter nicht mehr hätte, dass ich nach bald 25 Jahren meine Frau nicht mehr hätte. P. und ich können uns jederzeit auf einander verlassen. Das gibt Sicherheit und Ruhe. Wir sind in der Erziehung/Begleitung unserer Tochter ein Dream-Team, ergänzen und nivellieren uns gegenseitig – Konsequenz (mein Territorium) vs. «S’Füfi grad lah sy» (P.’s Haupttärke). Ich habe Angst, dass, wenn wir P. nicht mehr hätten, N. zu viel von meiner Seite mitnehmen würde auf ihren Weg und sich damit – wie ihr Vater – dann und wann selber im Weg stehen könnte. Unsere Tochter ist ein phantastische Mensch; auch deshalb, weil sie eine tolle Mischung von uns beiden ist.

Plötzlich laufen wieder die Tränen. Auch vor P. und N. Ich schäme mich nicht dafür und ich weiss, dass beide sehen, dass es auch mir nicht gut geht. Und trotzdem möchte ich sie nicht noch mehr belasten. Und schliesslich habe ich mehr Erfahrung – schon als kleines Kind musste und konnte ich wirklich schwierige Situationen selbst bewältigen und meistern.

Trotz allem läuft unser Alltag einigermassen normal. Nur schlafen wir alle drei nicht so gut und sind entsprechend müde. Was auch verständlich ist. Unsere N. ist allerdings schon ein paar Mal nach der Schule auf ihrem Bett eingeschlafen – das gab’s noch nie. Ja, das ist verständlich und nein, das ist nicht schlimm. Und dennoch plagen mich Sorgen auch wenn ich verstehe, dass sie sehr leidet, diesen Weg aber bis zu einem gewissen Grad auch auf ihre eigene Art durchstehen muss. «Wann laufen lassen, wann unterstützen, wann abnehmen?» Alles andere als eine einfache Frage!

Die kommenden Tage werden speziell werden: N. wird mit ihrer Schule für eine Woche im Schneesportlager sein und P. wird für die zweite Operation in Zürich in die Klinik im Park sein. Dann sind wir drei für ein paar Tage getrennt – jeder an einem anderen Ort. In einer Zeit, in der wir uns eigentlich ganz nah bräuchten.

Ich habe ein ziemlich gutes Gefühl, bin zuversichtlich. Vielleicht tut es uns auch mal ganz gut. Natürlich hoffen wir, dass die OP gut verlaufen wird (und vor allem der Befund etwa 10 Tage danach gut ist) – das ist jetzt das Wichtigste. Wir als Eltern hoffen aber auch, dass unsere Tochter das Lager mit ihren Freundinnen und Kollegen von A bis Z geniessen und zumindest mehrheitlich glücklich und unbeschwert sein kann – so wie Kinder es sein sollen. Dann sind auch wir als Eltern glücklich :-) Am kommenden Samstag kommen dann N. (hoffentlich glücklich) und ein paar Tage später P. (hoffentlich mit gut überstandener OP) wieder nach Hause.

Ich habe ein gutes Gefühl, dass wir die kommende Zeit gut meistern werden. Wenn alle, die an uns denken uns die Daumen drücken, dann kommt’s gut!

Die zweite Operation, der zweite Befund

Samstag, 22. Februar 2014

Nachdem wir alle den Packstress unserer Tochter überstanden haben, fahren wir N. zur Kantonsschule, wo der Reisecar bereit schon steht und ihre Freundinnen warten. Wir verabschieden uns innig und freue uns für sie: eine Woche möglichst viel Spass mit ihren Freundinnen und Kollegen. Meine Frau, die sehr grosse Angst hat, dass sie die Operation nicht überstehen würde, zerreist’s beinahe. Den Gedanken, dass das letzte Mal gewesen sein könnte, wo sie ihre Tochter geküsst und gedrückt haben könnte, kann sie leider nicht verdrängen. Unvorstellbar …!

Montag, 24. Februar 2014

Wir sind nicht praktizierende Christen. Aber P. möchte vor der Operation zu einem Heilpraktiker, der für sie betet und ihr Kräfte gibt. Dass die Operation gut verlaufe, dass der Befund danach gut sein würde. Sie fährt mit ihrer Mutter hin, lässt sich segnen, kauft eine gesegnete Kerze. Von ihrer Mutter erhält sie gesegnete «Zeichen», die sie unter die Matratzen legen solle. Die Frage, ob es etwas helfe oder nur Hokuspokus sei, ist im Moment für uns ohne Bedeutung: Egal, was es ist, wenn es P. hilft – psychisch oder physisch –, dann ist es gut.

Mittwoch, 26. Februar 2014

Der wohl wichtigste Tag seit November: Der Tag der Operation, in der Gebärmutter, Eierstöcke und rund die Hälfte Lymphknoten entfernt werden. In der Hoffnung, damit allfällige weitere Krebszellen zu entfernen. Ein Tag, der uns in den letzten Tagen enorm beschäftigt hat in einem Gewirr aus extremen Gedanken zwischen «Das ist der letzte, notwendige Schritt, dass P. wieder gesund ist.» und «Was, wenn ich die Operation nicht überlebe?» Furchtbar! Ganz furchtbar!

Als ich am Morgen mit P. in die Klink fahre, sind wir zwar angespannt, aber beide doch erstaunlich ruhig. Irgendwie haben wir in der vergangenen, fast schlaflosen Nacht die Gedanken kanalisieren und Zuversicht gewinnen können. «Es chunt guet!»
Während dem die Gästebetreuerin (ja, das gibt’s!) meiner Frau das Zimmer zeigt und erklärt, räume ich ihren Koffer aus. Danach erfolgt das übliche Prozedere mit Eintrittsuntersuchungen, Besprechung mit dem Anästhesie-Arzt, Besuch der Mitarbeiterin der Hotellerie (ja, das gibt’s auch!) für die Bestellung des Abendessens, Einloggen ins WLAN des Spital, Ausfüllen von Fragebogen usw. usf. Vieles zu tun, vieles zu beantworten, vieles zu verstehen. Und das ist gut so: die Zeit bis die Vorbereitung zur OP vergeht so sehr schnell.

P. zieht sich chic an für die Operation (sprich: sie zieht das fürchterlich-praktische Spitalhemd an), versorgt Schmuck im Minitresor. Dann dreht sie mit einem herzlichen Lachen eine Pirouette im Nachthemd, ich mache ein Foto und schicke es unserer Tochter :-) Meine Frau ist eine tolle, starke Frau! Danach legt sie sich ins Bett und nimmt die Tabletten zur Beruhigung und zum Einschlafen. Diese wirken perfekt: Wir reden über lustige Dinge, lachen und P. schläft immer wieder ein. Sie liegt da, mit einem entspannten Lächeln. Ich schau sie einfach nur an, streichle ihre Hand, ihre Wangen und bin glücklich. Und gleichzeitig laufen mir die Tränen runter – was würden wir nur tun ohne sie …! Um 11:45 wird P. für die OP abgeholt, ich wecke sie und wir drücken uns innig. «Bis später!», sage ich. Ich bin sicher: Es wird jetzt alles wieder gut! Und ich habe Angst, eine Riesenangst!

Ich weiss, dass die Operation zwei bis drei Stunden oder sogar noch länger dauern kann, aber das Warten auf P.s Anruf ist kaum mehr zu ertragen. Ãœberraschender- und erfreulicherweise bekomme ich bereits unmittelbar nach der Operation zwei Anrufe: zuerst vom Anästhesie-Arzt, dann vom operierenden Gynäkologen. Die Operation sei gut verlaufen, P. gehe es gut, sie sei jetzt im Aufwachraum. Um ca. 17:30 Uhr ruft auch P. an. Noch benebelt, lallend, aber schon einigermassen wach. Und erzählt lachend, dass sie dem Anästhesisten offenbar von unseren Florida-Ferien erzählt habe :-) Sie sei im Moment zwar schmerzfrei, aber völlig geschafft. Ich solle deshalb nicht mehr vorbeikommen – sie würde dann ja sowieso nur schlafen. Wir vereinbaren aber, dass ich in ein paar Stunden anrufen werde, um ihr eine gute Nacht zu wünschen.

Als erstes rufe ich unsere Tochter an und erzähle ihr die guten Nachrichten. Und bitte sie, ab jetzt das Skilager ohne Wenn und Aber zu geniessen, das Gröbste sei jetzt überstanden! (Kurze Zeit später meldet sie per WhatsApp: «han mit em mami telefoniert. sie isch nochli durenand, wie betrunke :-D») Ich rufe meine Schwiegermutter an und schicke meinen Schwägerinnen und unseren Neffen eine WhatsApp-Nachricht. Alles wird gut!

Donnerstag/Freitag, 27./28. Februar 2014

Die letzten Tage im Februar sind geprägt durch den Spitalaufenthalt und die zu erwartenden Beschwerden nach dieser doch happigen Operation. Ihre Schmerzen seien einigermassen erträglich, sagt P. Die PDA tut noch immer ihren Dienst, muss aber am Freitag entfernt werden. Ansonsten hat P. die üblichen OP-Nachbeschwerden, ist aber tapfer. «Da muss ich jetzt durch, danach bin ich wieder gesund!»


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Es ist Krebs! – Nur ein kleiner Eingriff, nur zwei Tage

Der kleine Eingriff, um etwas Gewebe aus dem Gebärmutterhals zu entfernen. Und nur zwei Nächste im Spital. P. übersteht das Ganze problem- und fast schmerzlos. Bleibt nur noch, den pathologischen Befund abzuwarten. Der aber schlägt ein wie eine Bombe!

Mittwoch, 15. Januar 2014

Ich fahre mit P. ins Seespital in Horgen zur Besprechung mit der Anästhesie-Ärztin. Selbstverständlich ist P. nervös – sie hat grundsätzlich Angst vor Operationen. Ein paar Fragen von beiden Seiten, Infos über den Ablauf am morgigen Tag – alles klar. Wir fahren wieder nach Hause und sind erstaunlich ruhig. Ein gutes Zeichen?

Donnerstag, 16. Januar 2014

Um 12:00 sind wir wieder im Spital: «Einrücken» für die Operation. P. ist sehr nervös, es ist für sie sehr ungewohnt (das letzte Mal war sie bei der Geburt unserer N. im Spital, das ist über 16 Jahre her). Ich bleibe bei ihr im Zimmer bis das Eintrittsprozedere vorüber ist. Ich war – zum Glück – auch noch da, als der Arzt gekommen ist, um den kleinen Eingriff zu erklären und unsere Fragen zu beantworten. Das gab uns ein gutes, sicheres Gefühl, dass nach dem Eingriff alles wieder in Ordnung sein würde. Den Bescheid der Pathologie «in etwa zehn Tagen» werden wir noch abwarten müssen, aber dann … Danach fahre ich mit viel Zuversicht nach Hause.

Um 15:45 wird P. vorbereitet für die OP und in den Operationssaal gebracht. Um etwa 18:30 ruft sie uns an: «Mir geht es gut, noch ein bisschen benebelt.» Die Operation habe aber rund dreimal so lange gedauert als die zuvor geschätzten 15 Minuten. «Schmerzen habe ich keine. Und schlecht ist mir auch nicht.» Das sind ausgezeichnete News! Also machen wir, unsere Tochter und ich, uns auf den Weg ins Spital. P. war ziemlich müde, was aber nicht erstaunt. «Durst habe ich! Und Hunger!». Auch das ist nichts Besonderes, sie darf aber noch nichts essen. N. und ich machen uns schon bald wieder auf den Heimweg. Aus zwei Gründen: P. ist sehr müde und möchte früh schlafen. Zudem wird N. schlecht – wie eigentlich immer in Krankenhäusern. Wie das wohl werden wird, wenn sie tatsächlich Medizin studieren und Ärztin werden wird?

Freitag, 17. Januar 2014

Am Morgen telefonieren wir: «Ich habe ziemlich gut geschlafen, ohne Schmerzen. Und jetzt darf ich endlich essen!», sagt P. Gegen Mittag kommt Dr. S. bei ihr vorbei, um den gestrigen Eingriff zu besprechen: Er habe sich während der Operation entschieden, etwas mehr vom Gebärmutterhals zu entfernen als ursprünglich geplant. «Ich hatte intuitiv das Gefühl, dass es besser sei.» Das sei auch der Grund, warum die OP länger gedauert habe. Aber alles sei sehr gut verlaufen. Wir würden in rund zehn Tagen Bescheid bekommen, was die Analyse des entfernten Gewebes ergeben habe.
P. geht es ausgezeichnet: sie hat keine Schmerzen, ist nicht mehr übermässig müde und hat Appetit. Alles bestens. Trotzdem entscheidet sie gemeinsam mit dem Arzt, dass sie noch einen Tag im Spital bleibe, um sich zu erholen.

Nach der Schule fährt unsere N. mit dem Zug ins Spital und überrascht P. Ich komme wenige Minuten später mit dem Auto nach. Wir bleiben allerdings auch diesmal nicht lange – der «Frau Dr. med. in Spe» wird wieder schlecht :-)

Samstag, 18. Januar 2014

P. ruft schon früh am Morgen an, ihr sei langweilig, sie wolle nach Hause. Ein gutes Zeichen! Selbstverständlich mache ich mich sofort auf den Weg, ich vermisse meine Frau auch schon nach zwei Tagen :-) Um 10:30, und damit lange bevor unsere Tochter aus dem Teenie-Schlaf erwacht ist, sind wir wieder zu Hause.
In den kommenden Tagen muss P. sich schonen und ist für min. 1 Woche 100% krank geschrieben. N. und ich schmeissen den Haushalt. Dann gibt’s halt ab und zu McDrive :-)

Was aber nicht einfach ist: das Warten auf den Befund der Pathologie. 10 Tage soll’s dauern. Wir rechnen vorsichtshalber mit einem Bescheid nicht vor der Woche vom 27. Januar.

Freitag, 24. Januar 2014

Unsere N. ist mit ihren Freundinnen im Alpamare: «Wir wollen den Abschluss des Semesters mit Schwimmen und Wellness geniessen». Wir haben keine Zeit festgelegt, wann sie wieder zu Hause sein muss, weil das Bad sowieso um 23:00 Uhr schliesst, haben allerdings vereinbart, dass sie mir ein WhatsApp schickt mit der Zeit, wann ich sie und ihre Freundinnen abholen und nach Hause bringen soll.
Kurz vor 20:00 Uhr schaue ich auf mein Handy – keine Nachricht von N. Wir schauen auf P.s Handy – auch keine Nachricht unserer Tochter. Aber zwei Anrufe in Abwesenheit, von einer Festnetz- und einer Mobile-Nummer, die wir nicht kennen. Zum Glück mit Voicemail, die wir abhören.
Es ist Dr. S., der Gynäkologe, der P. operiert hat. «Rufen Sie mich so bald wie möglich an. Ich halte mir den ganzen Nachmittag frei!» sagt er in der Nachricht von 13:00 Uhr.
Uns beiden ist schlagartig klar, was das bedeutet! Oh, mein Gott!!! Mit zittrigen Händen ruft P. ihn auf seinem Handy an. Er sei grad beim Abendessen, aber das sei überhaupt kein Problem, antwortet er auf die Frage meiner Frau, ob sie störe. «Es ist Krebs! Aber sie werden es überleben, glauben Sie mir!» Er bietet uns an, ihn morgen Samstag im Krankenhaus zu treffen (obwohl es sein freies Wochenende sei). Natürlich nehmen wir an, noch so gern! «Vielen Dank und bis morgen!», verabschiedet sich P.
Wir schauen uns entgeistert an und nehmen uns in den Arm. Drücken uns, schütteln ungläubig den Kopf. Die Tränen laufen. «Das darf doch nicht war sein!!!», sagen wir immer wieder. «Wieso? Das kann doch nichts mit Darmkrebs zu tun haben!», sagt P. (ihr Vater ist 3 Monate vor der Geburt unserer Tochter innert weniger Wochen an Darmkrebs gestorben – P. ist als erblich vorbelastet). «Verdammt, das ist nicht fair!», denke ich immer wieder.
Wir möchten mit der ganzen Welt darüber zu sprechen, intuitiv spüren wir, dass uns das jetzt gut täte. Zum guten Glück verwerfen wir diesen Gedanken schnell wieder: es wäre falsch mit anderen darüber zu reden, bevor wir wissen, was wirklich Sache ist. Uns ist klar, dass wir unserer Tochter diese Belastung heute nicht zumuten dürfen; nicht, solange wir nicht mehr wissen über die Behandlungsmöglichkeiten und Heilungschancen. Wir müssen das Gespräch vom nächsten Vormittag mit Dr. S. abwarten. Danach werden wir selbstverständlich N. und die Familie informieren. Aber erst dann – da müssen wir beide durch.
Wir reden und reden. Und weinen. Und reden. Irgendwann kommt auch eine WhatsApp-Nachricht von N., sie würden von der Mutter der einen Freundin abgeholt und nach Hause gebracht, sie sei um ca. 23:30 Uhr zu Hause. Erstaunlich, wie man sich in der Verantwortung als Eltern zugunsten seines Kindes zusammennehmen kann: als N. nach Hause kommt, sind wir wie vorher, hören ihr zu, wie sie vom coolen Abend mit ihren Freundinnen erzählt und freuen uns mit ihr. Wir machen uns alle drei bettfertig – «gute Nacht!». Nicht ohne N. zu sagen, dass wir morgen ca. 09:30 Uhr zu P.s Schwester fahren würden, damit ich ihren neuen Fernseher installieren könne. «Vermutlich sind wir nicht vor 13:00 Uhr zurück – aber Du schläfst ja sowieso länger!», sagt meine Frau zu unserer Tochter – mit einem Grinsen. Meine tapfere Frau!
Meine Frau und ich schlafen in dieser Nacht so gut wie gar nicht. Wen wundert’s? Von Angst vor der Zukunft, über die Sorge um unsere Tochter bis hin zu «Ach, das wird schon gut gehen!» – alle möglichen und unmöglichen Gedanken überschlagen sich in unseren Köpfen.

Samstag, 25. Januar 2014

Um 10:00 Uhr treffen wir den Frauenarzt im Spital. Er erklärt uns, dass er mehr heraus geschnitten hätte, als vorgesehen. Und in genau diesem Teil sei der Krebs gewesen. Hätte er weniger heraus genommen, hätte es sein können, dass das Karzinom drin geblieben und der Krebs nicht entdeckt worden wäre. Mir läuft’s bei diesem Gedanken und bei den Gedanken an die Auswirkungen (Wachstum des Karzinoms, Metastasen etc.) kalt den Rücken hinunter!
Dr. S. erklärt geduldig, beantwortet unsere Fragen, zeichnet auf einem Blatt die Situation auf.

Seine positive Art hilft uns sehr. Hilft uns auch, zuhören, nachfragen und verstehen zu können. Das wissen wir jetzt:

  • Das entfernte Gewebe enthielt ein Karzinom – Krebs! Ein «carcinoma in situ» sei es, ein Tumor, der in der Regel (!) nur in sich selbst wachse und keine Metastasen bilde.
  • Trotzdem brauche es eine zweite Operation, bei der Gebärmutter samt Gebärmutterhals, Eierstöcke und etwa die Hälfte der Lymphknoten in diesem Bereich entfernt würden. Um sicherzustellen, dass sich allfällige Krebszellen in diesen Organteilen nicht verbreiten können.
  • Sollten sich hier wider Erwarten weitere Krebszellen befinden, müsste danach über die weitere Behandlung (Bestrahlen, Chemotherapie etc.) gesprochen und entscheiden werden.
  • Die zweite Operation sei grösser und dauere länger als die erste, aus chirurgischer Sicht sei sie aber keine komplizierte Angelegenheit. P. müsse etwa 1 Woche im Spital bleiben und sich danach 4-6 weitere Wochen schonen (und wird für diese Zeit 100% krank geschrieben). P. fragt, ob sie dafür in eine Kur müsse. «Dafür sind sie viel zu jung, sie würden sich furchtbar langweilen. Sie können sich genauso gut zu Hause erholen, wenn Ihr Mann und Ihre Tochter Ihnen alles abnimmt.» Keine Frage, das werden wir selbstverständlich tun!

Am Schluss des Gesprächs fühlen wir uns leer. Und in einem Gefühlswirrwarr: eine chaotische Mischung aus Zuversicht, Angst, Trauer, Ratlosigkeit.

Nach dem Spital fahren wir zu P.s Schwester. Ich installiere und konfiguriere den neuen Fernseher. Währenddessen plaudern wir Belangloses (damit P. und ich nicht in Tränen ausbrechen). Erst danach erzählen wir vom gestrigen Telefonanruf und der heutigen Besprechung mit Dr. S. Natürlich gibt’s auch hier wieder Tränen. Und viele Fragen, die wir so gut es geht auch beantworten.

Danach fahren wir wieder nach Hause. Mit einem Kloss im Hals, denn jetzt wird’s happig: wir müssen es unserer N. erklären. Als wir nach Hause kommen, ist sie zwar schon wach, liegt aber noch im Bett. Wir setzen uns zu ihr und plaudern. Nach ein paar Minuten erzählen wir ihr, dass wir soeben im Spital waren, um mit dem Gynäkologen zu sprechen. Denn der Befund des ersten Eingriffs sei leider nicht gut, Mami habe Krebs und müsse ein zweites Mal operiert werden. Natürlich brechen wir alle in Tränen aus, nehmen uns in den Arm. Uns als Eltern tut’s furchtbar weh, dass unsere Tochter das erfahren und verarbeiten muss. Sie hat leider schon einige Todesfälle in der nächsten Familie mitbekommen müssen. Aber so nah wie jetzt … Furchtbar! Sie fragt uns Löcher in den Bauch und wir antworten offen, soweit wir eine Antwort auf ihre Fragen wissen. Wir sagen ihr, sie müsse nicht tapfer sein und könne selbstverständlich über alles mit uns reden, jederzeit. Und dass P. offen darüber sprechen wolle und wir kein Geheimnis daraus machen müssten. Das bedeutet auch, dass N. mit ihren Freundinnen, die ihr sehr nah und wichtig sind, sprechen darf. Und dass diese es weiter erzählen dürfen, um nicht die Last alleine tragen zu müssen.

Im Laufe des Nachmittag telefoniert P. mit ihrer zweiten Schwester und mit unserem älteren Neffen, ich rufe den jüngeren Neffen an. Wir erzählen, beantworten Fragen und erklären so gut, wie wir’s halt können. Natürlich trifft’s alle hart.

Danach fühlen wir uns endgültig «leer» und müde. P.s bald 82-jährigen Mutter wollen wir’s nicht per Telefon mitteilen. Sie würde wohl die Tapfere spielen und wäre danach allein mit ihrem Kummer und ihrer Angst um ihre jüngste Tochter. Wir verschieben das wohl oder übel auf morgen.

Sonntag, 26. Januar 2014

P. will die Situation ihrer Mutter nicht am Telefon erklären. Sie fährt zusammen mit ihrer einen Schwester zur Mutter (wir denken, dass es besser sei, wenn ich nicht dabei bin) und erzählt ihr von der schrecklichen Diagnose. Natürlich fliessen auch bei ihr die Tränen. Details aber mag sie nicht hören und läuft weg – sie kann diese Vorstellung vermutlich anders nicht ertragen. P. und ihre Schwester haben aber das Gefühl, dass sie diese furchtbare Sache relativ gut aufnimmt. Zumindest nach aussen – wir kennen sie …

So, jetzt wissen alle in der Familie Bescheid. Wir werden sehen, wie die Zeit bis zur zweiten Operation verlaufen werden und wie’s uns allen dabei geht …


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Es ist Krebs! – Nur die übliche Jahreskontrolle beim Gynäkologen

Es begann mit der jährlichen Kontrolle beim Gynäkologen. Wie schon zwei Jahre zuvor wurde eine Dysplasie festgestellt. Es sei nichts Schlimmes und müsse gelegentlich in einem kleinen Eingriff operativ entfernt werden. Die letzten Wochen des Jahres waren wie immer – fast.

Freitag, 1. November 2013

Der erste Besuch unserer Tochter N. beim Frauenarzt. Sie wählt mit Dr. R. bewusst jenen Gynäkologen, der sie vor gut 16 Jahren per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht hat – irgendwie schön. Bei ihr geht es um ihre erste gynäkologischen Jahresuntersuchung und die HPV-Impfung. Meine Frau P. geht mit und absolviert ihren jährlichen Routine-Untersuch – der letzte ist schon über ein Jahr her. So weit, so gut …

Montag, 25. November 2013

Ein ungewöhnlicher Anruf des Frauenarztes: der Befund für N. sei negativ, also in Ordnung. Mit P. aber wolle er baldmöglichst persönlich sprechen. Uns ist schlagartig klar, das kann nichts Gutes bedeuten!

Dienstag, 26. November 2013

P. ist bei Dr. R. Am Gebärmutterhals befänden sich veränderte Zellen, eine sogenannte Dysplasie. «Nichts Schlimmes», der Bereich mit den betreffenden Zellen müsse einfach in den nächsten 6 Monaten entfernt werden – sicherheitshalber. Er selber operiere aber nicht mehr und würde sie an einen Kollegen, Dr. S., überweisen.

Freitag, 13. Dezember 2013

Die erste Besprechung meiner Frau mit dem operierenden Gynäkologen Dr. S: Nun klingt’s schon nicht mehr ganz so simpel: Nicht bis im Frühling warten, schnell vorwärts machen machen, Operation noch im Januar, meint er. Er fragt im See-Spital in Horgen nach und legt das Datum für den Eingriff fest: 16. Januar 2014. P. kommt nach Hause – sie wollte allein zum Arzt, wollte kein grosses Theater machen. Aber jetzt, mit dem konkreten Termin für den Eingriff, wird ihr bewusst, dass es nicht einfach etwas Kleines sein kann. Sie weint und sagt den Satz, den ich wohl nie mehr vergessen werde und der mir jedes Mal, wenn ich an ihn denke, die Tränen in die Augen triebt: «Ich habe doch so Angst vor dem Sterben!» Mir reisst’s fast das Herz raus. Grosse Ängste, viele Tränen. Als N. von der Schule nach Hause kommt, erklären wir es ihr. Sehr ausführlich – sie ist ein gescheiter Mensch. Wieder viele Tränen, aber das ist gut so.

Zum Jahresende:

Die gut vier Wochen bis zum Spitalaufenthalt sind nicht einfach, aber doch leichter, als wir es befürchtet haben. Selbstverständlich haben wir alle drei (und unsere Angehörigen und Freunde) Angst. Aber mit jedem Tag wächst bei jedem von uns die Zuversicht, dass es nichts Schlimmes ist. Wir sind überzeugt: alles wird durch diesen kleinen Eingriff wieder gut. Sogar die Weihnachtsfeiertage sind eigentlich so wie alle Jahre. Vielleicht geniessen wir die ruhigeren Tage etwas bewusster, Silvester auch. Natürlich schweifen unsere Gedanken an diesem Tag in die Zukunft. Wie wir wohl Ende 2014 auf diese Tage und Wochen zurückblicken werden …?

Nach-gedacht am 22. Januar 2014:
Im Nachhinein erstaunt es mich doch, dass wir in diesen Monaten so ruhig bleiben konnten. Naiv? Intuitiv? Ich weiss es nicht. Doch hat uns das sicher geholfen, die Sache besonnen und mit viel Zuversicht anzugehen. Selbst als wir wussten, dass der kleine Eingriff relativ bald durchgeführt werden sollte, sind wir davon ausgegangen, dass danach alles wieder gut sei.

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